„Ihr werdet meine Zeugen sein“

Unter diesem Motto machten sich am frühen Morgen des 23. Juni neun Schülerinnen in Begleitung von Frau und Herrn Geyer auf den Weg nach Lübeck, um an der Bistumswallfahrt anlässlich des 75. Jahrestags der Hinrichtung der vier Lübecker Märtyrer teilzunehmen. Die Kapläne Johannes Prassek, Hermann Lange und Eduard Müller und der evangelische Pastor Karl Friedrich Stellbrink wurden am 10. November 1943 im Hamburger Gefängnis am Holstenglacis durch das Fallbeil hingerichtet.
In Lübeck angekommen, begaben wir uns zu Fuß auf unseren selbst organisierten Pilgerweg entlang der Trave zu unserer ersten Station, dem ehemaligen Burgkloster, das Ende des 19. Jahrhunderts in ein Gericht und Gefängnis umfunktioniert worden war. Hier fand der Prozess gegen die Lübecker Geistlichen statt – ein Ort, an dem wir die Nähe von ungerechtem Urteil, bedrückender Todesangst und großem Gottvertrauen nachspüren konnten.
Auf dem Gefängnishof erfuhren wir, dass die Pfarrhaushälterin Johanna Rechtien die Kapläne im Gefängnis regelmäßig
mit Wäsche und zusätzlichen Lebensmitteln, aber auch mit Kleinstmengen an Wein und Hostien versorgte, damit sie in ihrer Zelle die Eucharistie feiern konnten. Die Aufforderung, in Hungrigen, Kranken, Obdachlosen und Gefangenen Jesus selbst zu erkennen, hatte sie verstanden.
Die nächste Station: das Lübecker Rathaus. Vor den Gedenktafeln für die vier Märtyrer hörten wir einen Auszug aus Karl Friedrich Stellbrinks Abschiedsbrief, in dem er seiner Frau und seinen Kindern den Segen Gottes zuspricht. Die etwas melancholische Melodie eines Straßenmusikanten passte zu diesen Worten, als sei es abgesprochen gewesen.
Unser Besuch der Herz-Jesu-Kirche, in der die drei Kapläne wirkten, bildete den Abschluss unseres Pilgerwegs. Empfangen wurden wir beim Betreten der Kirche von Taizé-Liedern einer Jugendgruppe, entlassen mit
dem Segen für unseren weiteren Weg.
Draußen vor der Kirche – „auf Parade“, wie die Lübecker sagen – wurden wir an liebevoll gedeckten Tischen von Lübecker Tischpaten bewirtet.
Generell standen an allen Stationen Lübecker Gemeindemitglieder bereit, die uns freundlich begrüßten und wertvolle Tipps und Informationen gaben. Dadurch bekam die Wallfahrt eine ganz besondere persönliche Note.
Vielen Dank dafür!
Auf unserem Weg zum nachmittäglichen Jugendprogramm auf der Domwiese liefen wir unserem Erzbischof quasi direkt in die Arme. Er erkannte uns sofort als seine (Noch-)Nachbarn und begrüßte uns herzlich.
Zwischen den zahlreichen Angeboten für Kinder und Jugendliche war die Entscheidung schnell gefallen: Wir entschieden uns für das Sprayen von Graffitis mit einer Schablone der Märtyrer-Portraits. Als Mitbringsel
für unsere Schule entstand in Teamwork eine großformatige Leinwand (siehe Foto).
Gestärkt und beladen feierten wir um 17 Uhr mit allen Pilgern des gesamten Bistums, nahezu 100 Priestern, zahlreichen Ministranten und Nieselregen ein feierliches Pontifikalamt (Bischofsmesse) auf der Freilichtbühne. Wir haben an diesem Tag gehört, aber vor allem auch gespürt, was es bedeutet, den Glauben mutig zu bezeugen. Unser Erzbischof fasste das Erlebte in seiner Predigt für uns treffend zusammen: „Nur ein Zeuge kann wirklich überzeugen.“ Auch wir haben immer und überall die Gelegenheit dazu! (Text RGy)